Der Deutsche Tierschutzbund ist enttäuscht über den Referentenentwurf für ein neues Tierschutzgesetz. Die Versprechen im Koalitionsvertrag seien in großen Teilen nicht umgesetzt worden. Mehr Tierschutz sei lediglich für wenige Bereiche vorgesehen – und auch da nur ungenügend, kritisiert der Verband. Darüber hinaus sei der Entwurf bisher nicht einmal innerhalb der Bundesregierung geeint.
„Versprochen wurde viel, geliefert aber wenig. Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Regierung vereinbart, Lücken im Tierschutzrecht zu schließen. Es scheint jedoch, dass die FDP zu Lasten der Tiere eingegriffen hat und sich Cem Özdemir im Kabinett nicht durchsetzen konnte. Die minimalen Verbesserungen sind kein Grund für Jubel. Das Bundesministerium und die Koalitionsfraktionen müssen den Entwurf dringend nachbessern, um die im Koalitionsvertrag versprochenen Verbesserungen im Tierschutz umzusetzen. Wenn das Tierschutzgesetz so verabschiedet würde, bliebe es ein im Kern auf den Nutzen des Tieres durch den Menschen ausgerichtetes Gesetz – unvereinbar mit dem Staatsziel Tierschutz“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.
Lücken im Tierschutzgesetz bleiben bestehen
Viele Tierschutz-Forderungen, wie eine bundesweite Kastrationspflicht für Freigängerkatzen, ein Sachkundenachweis vor der Anschaffung von Heimtieren oder ein Verbot von Lebendtiertransporten in Länder außerhalb Europas, finden im Gesetzentwurf keine Beachtung. Das im Koalitionsvertrag versprochene Verbot der tierschutzwidrigen Anbindehaltung von Rindern wird nicht umgesetzt: Die saisonale Anbindehaltung, bei der die Tiere den überwiegenden Teil des Jahres angebunden bleiben können, bleibt grundsätzlich möglich. Für Tiere, die in Tierversuchen leiden müssen, gibt es – bei Kopffüßern und Zehnfußkrebsen – nur einen winzigen Schritt in die richtige Richtung. Alle grundlegenden Mängel, wie die Plausibilitätskontrolle zur Genehmigung von Tierversuchen, werden nicht behoben. Lücken im bisherigen Tierschutzgesetz, die beispielsweise schmerzhafte Amputationen bei Tieren als Ausnahmen zulassen, bleiben bestehen: Das Schwanzkupieren bei Schweinen sowie das Schnabelkürzen bei Legehennen und Puten werden im Entwurf nicht verboten, Lämmer und Zicklein dürfen weiterhin betäubungslos kastriert werden und für jagdlich geführte Hunde soll auch zukünftig eine Ausnahme vom Kupierverbot gelten. Unakzeptabel ist aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes auch, dass die begrüßenswerte Videoüberwachung in Schlachthöfen nicht für kleine Betriebe gelten soll – obwohl es dort erfahrungsgemäß die meisten Missstände gibt.
Ermächtigungsgrundlagen statt gesetzlicher Vorgaben
Einige Punkte werden im Gesetzentwurf nicht geregelt, sondern in Verordnungsermächtigungen überführt. Für Hunde und Katzen wird eine Kennzeichnung und Registrierung nicht verpflichtend, sondern nur als Möglichkeit im Rahmen einer Ermächtigungsgrundlage aufgenommen. Dass es erstmals verpflichtende Vorgaben für den nationalen Onlinehandel mit Tieren gibt, begrüßt der Deutsche Tierschutzbund, auch wenn diese noch unzureichend seien. Statt den Onlinehandel direkt über das Tierschutzgesetz stärker einzuschränken, sieht der Entwurf auch hier eine Verordnungsermächtigung vor. „Statt hier und heute klare Kante zu zeigen, wird vieles auf später verschoben und könnte von der nächsten Bundesregierung locker wieder einkassiert werden“, kritisiert Schröder. Positiv bewertet der Deutsche Tierschutzbund die Erweiterung und Konkretisierung des „Qualzuchtparagraphen“ ebenso wie das Vorhaben, dass zumindest bestimmte Wildtiere künftig nicht mehr in Zirkussen zur Schau gestellt werden sollen.
Hinweis an die Redaktionen: Mit der Kampagne „Jetzt mehr Tierschutz!“ erinnert der Deutsche Tierschutzbund die amtierende Bundesregierung an ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag: www.jetzt-mehr-tierschutz.de