Thomas Schröder: „Wenig Gutes und gebrochene Versprechen“ Verwässerungen im Entwurf des neuen Tierschutzgesetzes Kommentar

Rinder angebunden im Stall

Gestern wurde der überarbeitete Entwurf des Tierschutzgesetzes bekannt, der nach der Länder- und Verbändeanhörung nun erneut in die Ressortabstimmung geht. Der Entwurf liegt dem Deutschen Tierschutzbund vor. Der Entwurf von Cem Özdemir enttäuscht und offenbart mit Blick auf den Koalitionsvertrag auch gebrochene Versprechen. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert die Änderungen:

„Der jetzt nach der Verbändeanhörung vorgelegte überarbeitete Entwurf enttäuscht. Von den Vorhaben im Tierschutz, auf die sich die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag verpflichtet haben, findet sich im Entwurf praktisch nichts wieder. Dies ist nicht die angekündigte Novellierung des Tierschutzgesetzes, um das Staatsziel Tierschutz mit Leben zu erfüllen. Der Entwurf zeugt von mangelndem politischen Mut. Herrn Özdemir muss offenbar daran erinnert werden, dass er per Amt auch Bundestierschutzminister ist und er diese Rolle auch annehmen muss.

Die ursprünglich noch vorgesehene Übergangfrist von fünf Jahren für ein Ende der ganzjährigen Anbindehaltung für Rinder soll nun auf 10 Jahre verdoppelt werden. Ein gnadenloses Urteil für alle betroffenen Rinder: Tiere, die jetzt in ständiger Anbindung stehen, würden damit für den Rest ihres Lebens angebunden bleiben. Auch bei der saisonalen Anbindehaltung ist der Minister offenbar vor der Tiernutzlobby eingeknickt. Im ersten Entwurf des Gesetzes war noch vorgesehen, die Erlaubnis einer bestehenden saisonalen Anbindehaltung an den aktuellen Betriebsinhaber zu koppeln, sodass die tierschutzwidrige Haltungsform mit dem Ruhestand des jeweiligen Tierhalters auslaufen würde. Dieses Bekenntnis gegen jegliche Form der tierschutzwidrigen Anbindung von Rindern wurde gestrichen. Absolut unlogisch - entweder ist die Anbindung tierschutzwidrig, dann muss es für alle Tiere gelten, egal wo und wie lange. Zudem ist diese Regelung nach dem Haltungskennzeichen ein erneuter eklatanter Verstoß gegen den Koalitionsvertrag, das ist inakzeptabel.

Weitere Verschlechterungen betreffen das Verbot mancher Wildtiere im Zirkus, das durch Bestandsschutz und diverse Ausnahmen nun im Grunde unwirksam wird, sowie den Qualzuchtparagraphen, der ebenfalls abgeschwächt wurde. Die Vorgaben zum Onlinehandel sollen zudem nur noch für Wirbeltiere ausgelegt werden statt wie eigentlich vorgesehen für alle Tiere. Greifvögel sollen, anders als im ersten Gesetzesentwurf, doch weiterhin angebunden werden dürfen.

Enttäuschend ist auch, dass zu dem Bereich Tierversuche weiterhin keine Verbesserungen für die Tiere vorgesehen sind, obwohl aus Tierschutzsicht und auch mit Blick auf den Koalitionsvertrag Handlungsbedarf gegeben wäre.

Insgesamt ist dieses Özdemir-Gesetz schwach. Es hat wenig Gutes, viel Schlechtes und zugleich gebrochene Versprechen. Was der Minister offenbar nicht schafft, das müssen nun die Ampelfraktionen leisten: Den Geist des Koalitionsvertrags ernsthaft und mit Entschlossenheit umsetzen und ein Gesetz beschließen, dass den Wortteil Schutz wirklich verdient hat.“

Hinweis: Der bisher nicht innerhalb der Bundesregierung geeinte Gesetzentwurf geht nun erneut in die Ressortabstimmung, die Einbringung ins Kabinett ist für Mai geplant. Danach startet das parlamentarische Verfahren.

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