Nachdem der Deutsche Tierschutzbund im Schulterschluss mit der Animal Welfare Foundation (AWF), der Eurogroup for Animals und anderen Tierschutzorganisationen bei der Überwachungsbehörde ESA der Europäischen Freihandelsassoziation Beschwerde eingereicht hat, reagiert Island auf ein Mahnschreiben der ESA und setzt eine Sonderregelung für Pferdeblutfarmen aus. Der Deutsche Tierschutzbund begrüßt, dass Island dadurch den Verpflichtungen zum Schutz von Tieren nachkommt. Hintergrund ist die tierschutzwidrige Blutentnahme bei trächtigen Stuten zur Gewinnung des Hormons Pregnant Mare Serum Gonadotropin (PMSG), auch Equine Chorionic Gonadotropin (eCG) genannt. PMSG wird aus ökonomischen Gründen zur Arbeitserleichterung sowie zur Leistungssteigerung vor allem bei Zuchtsauen, aber auch bei anderen landwirtschaftlich genutzten Tieren eingesetzt.
„Es ist ermutigend, dass sich unsere Beharrlichkeit ausgezahlt hat. Island muss nun dafür sorgen, dass die tierschutzwidrige Praxis der Blutentnahme bei trächtigen Stuten beendet wird. Wir werden die Vorgänge weiterhin beobachten und den Druck – wo nötig – aufrechterhalten“, kommentiert Andrea Mihali, Pferdeexpertin beim Deutschen Tierschutzbund.
Tierversuchsrichtlinie muss angewandt werden
Rechtlich gesehen werden Blutentnahmen zur Herstellung von Arzneimitteln als Tierversuche eingestuft. Islands Rechtsvorschriften zum Schutz von Tieren, die für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden, unterliegen entsprechenden EU-Gesetzen, da Island Teil des europäischen Wirtschaftraums ist. Die Blutentnahmen, die bisher ohne Genehmigungsantrag durchgeführt wurden, müssen zum 5. Oktober 2023 beendet werden. Ab dem 1. November muss vorab in einen Genehmigungsverfahren geprüft werden, ob alternative tierversuchsfreie Mittel für die Erzielung des gewünschten Effekts existieren. Ist dies der Fall, darf der Tierversuch nicht genehmigt werden. „Da zahlreiche Tierarzneimittel auf dem Markt sind, die entweder dieselbe oder eine vergleichbare hormonelle Wirkung haben wie PMSG, müsste ein Genehmigungsantrag in diesem Fall abgelehnt werden“, so Mihali.
Tiergerechte Alternativen für PMSG in der Schweinezucht
Der Deutsche Tierschutzbund fordert ein Produktions- und Anwendungs-Verbot für PMSG und auch die Bundestierärztekammer (BTK) empfiehlt in einer Stellungnahme vom August 2023, den Einsatz von PMSG künftig zu vermeiden. Während die BTK auch andere Hormone als biotechnische Alternativen anführt, stellt der Deutsche Tierschutzbund klar, dass diese durch ihre PMSG-ähnliche Wirkung eine ebenso unnatürliche und gesundheitsbeeinträchtigende Leistungssteigerung bei Zuchtsauen herbeiführen. „Zootechnische Maßnahmen wie tiergerechtere Haltungsbedingungen sind die einzige akzeptable Alternative zu PMSG in der Schweinezucht“, kommentiert Melanie Dopfer, Fachreferentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund.