Angesichts der Keulung zigtausender Tiere im Zuge der Geflügelpest fordert der Deutsche Tierschutzbund, die Tierbestände zu reduzieren.
„Wenn der Geflügelpest-Erreger eingetragen wird, sind die Konsequenzen bei den riesigen Tierbeständen, die heute gehalten werden, dramatisch. Durch die hohe Tierzahl können sich Erreger auf unzählige Tiere ausbreiten, die dann auf einen Schlag getötet werden“, erklärt Stephanie Riederer, Fachreferentin für Tierseuchen beim Deutschen Tierschutzbund. „Aus Seuchenschutzgründen, aber natürlich auch aus Gründen des Tier- und Klimaschutzes müssen wir die Tierbestände und den Konsum tierischer Produkte reduzieren.“ Der Deutsche Tierschutzbund sieht dabei die Bundesregierung in der Pflicht, die in ihrem Koalitionsvertrag einen Umbau der Nutztierhaltung angekündigt hatte.
Intensivtierhaltungbegünstigt Ausbreitung von Tierseuchen
Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes sind die Massenkeulungen eine Folge der aus dem Ruder gelaufenen Agrarindustrie. Immer mehr Tiere werden auf immer engerem Raum in immer größeren Ställen gehalten. Die Dimension einer Seuche lässt sich so kaum mehr eingrenzen. In Gegenden mit vielen Betrieben, wie in Niedersachsen, wo rund 100 Millionen Geflügeltiere gehalten werden, ist das Risiko, dass Erreger von einem auf den anderen Betrieb übergehen, noch größer: Personen- und Transportverkehr zwischen den Betrieben stellen ein hohes Risiko für eine Virusübertragung dar. Grundsätzlich gilt: Tiere in nicht tiergerechten Intensivhaltungssystemen sind durch chronische Überlastung des Abwehrsystems eher anfällig für Infektionserkrankungen.
Sicherheitsmaßnahmen können Ausbrüche verringern
Neben der notwendigen Reduzierung der Tierbestände können verschiedene Biosicherheitsmaßnahmen dazu beitragen, die Anzahl und das Ausmaß von Geflügelpest-Ausbrüchen zu verringern. Beispielsweise sollte Betreuungspersonal Geflügelställe grundsätzlich nur nach einem Schuh- und Kleidungswechsel sowie einer gründlichen Reinigung und Desinfektion betreten bzw. verlassen. Bei Freilandhaltung sollten Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um einen Kontakt zwischen Haus- und Wildgeflügel zu vermeiden – etwa indem Futter und Wasser nur im Stall angeboten wird. Impfungen können die Erregervermehrung und –ausscheidung verringern und den Krankheitsverlauf mildern, sind aber derzeit in der EU nicht zugelassen. Eine für die Tiere mit Stress verbundene Aufstallung sollte dagegen nur dann erfolgen, wenn dies zwingend geboten ist. Eine prophylaktische Keulung seuchenverdächtiger Bestände ohne einen positiven Virusnachweis lehnen die Tierschützer ab.
Im epidemiologischen Jahr 2021/2022 kam es in 37 europäischen Ländern zu 2.520 Ausbrüchen in Geflügelhaltungen; 50 Millionen Tiere wurden gekeult. Im Deutschland gab es zwischen September und Dezember 2022 42 Ausbrüche in Nutzgeflügelhaltungen und auch in den vergangenen Wochen kam es immer wieder zu Massenkeulungen. So wurden beispielsweise im Landkreis Schwandorf 70.000 Enten, im Landkreis Börde 20.000 Puten und im Landkreis Höxter 11.000 Hühner getötet.
Hinweis an die Redaktionen: Seine Forderungen zum Umbau der Nutztierhaltung erhebt der Deutsche Tierschutzbund auch im Rahmen seiner aktuellen Kampagne „Jetzt mehr Tierschutz!“, welche die Tierschutzvorhaben der Apel-Regierung kritisch begleitet: www.jetzt-mehr-tierschutz.de/nutztierhaltung