Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, fordert die Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Deutschen Bundestag auf, im parlamentarischen Verfahren den bisherigen Entwurf zum Tierhaltungskennzeichen „auf links zu drehen“ und aus dem Tierhaltungs- ein echtes Tierschutzkennzeichen zu machen. „Es bedarf einer Strategie aus einer Kombination aus Ordnungsrecht, Anreizsystemen und Kennzeichnung, damit die auch gesellschaftlich mehrheitlich gewünschte Transformation gelingt“, so Schröder. Dazu gehöre vorrangig das Schließen der Lücken im Tierschutzrecht.
Das vom Bundeslandwirtschaftsministerium vorgelegte Tierhaltungskennzeichen habe enorme Schwächen. Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart würden tierschutzrelevante Bereiche wie Transport und Schlachtung ausgeklammert. Zudem fehlten tierbezogene Kriterien, die aber entscheidend seien, um Verbesserungen für die Tiere mess- und überprüfbar zu machen. Insgesamt seien die Kriterien zu anspruchslos, es werde lediglich der Status Quo festgehalten.
Schröder moniert zudem, dass die Kontrollen beim staatlichen Kennzeichen nahezu ausgeblendet seien. „Ohne engmaschige Kontrollen kein Vertrauen.“ Auch schafften die vorgesehenen Bezeichnungen wie „Stall“ und „Stall+Platz“ keine Transparenz, sondern stifteten im Gegenteil zusätzliche Verbraucher-Verwirrung: „Koma-Labelling“ nennt der Tierschutzbundpräsident dieses Vorgehen. Der Verband fordert zudem ein Ablaufdatum für die Haltungsformen „Stall“ und „Stall+Platz“, weil in diesen Systemen Tierschutz nicht umgesetzt werden könne.
Die Transformation der Landwirtschaft sei eine zentrale Aufgabe, so Schröder. Agrarpolitik müsse als Ernährungs- und Klimaschutzpolitik verstanden werden. „Weniger Konsum, weniger Produktion tierischer Lebensmittel ist der Weg, den die Zukunftskommission Landwirtschaft klar aufgezeigt und dem sich die Borchert-Kommission angeschlossen hat.“
„Uns ist klar, dass ein Minister nicht in 14 Monaten aufholen kann, was in 16 Jahren versäumt wurde. Aber wir erwarten jetzt Entschlossenheit, zuerst die Lücken im Tierschutzrecht zu schließen und dann die Transformation mit hohem Tempo und den passenden Instrumenten voranzubringen“, sagt Schröder und ergänzt: „Wir benötigen kein Stückwerk, sondern eine schlüssige Strategie, die endlich eine Dynamik für mehr Tierschutz im Stall in Gang setzt, verlässlich und mit Blick auf die Landwirte planungssicher. Die Regierungsfraktionen müssen klare Kante zeigen, was die Versprechungen im Koalitionsvertrag wert sind.“