Antibiotika-Einsatz

Masthühner im Stall. © Farkas/afi
In industrialisierten Haltungen wie dieser Hühnermast breiten sich resistente Keime schnell aus. © Farkas/afi

Die Haltung von Tieren auf engstem Raum unter hohen Besatzdichten ist ohne hohen Medikamenteneinsatz meist nicht möglich. Erkrankungen und Verletzungen werden durch eine nicht-tiergerechte Umgebung, schlechtes Klima und eine stark leistungsorientierte Zucht begünstigt. Studien aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben ergeben, dass bis zu 91 Prozent der Masthühner in ihrem kurzen Leben Antibiotika erhielten. Dokumentiert ist, dass insbesondere in Ställen mit sehr vielen Tieren extrem häufig Antibiotika eingesetzt werden.

Zudem wurde nachgewiesen, dass Tiere zum Teil zu kurz mit Antibiotika behandelt werden, um mögliche Krankheiten auch wirksam zu behandeln. Beides erhöht die Gefahr von resistenten Keimen und Krankheitserregern, gegen die dann kein Medikament mehr hilft - ein erhebliches Gefährdungspotenzial für die Tiere und auch Menschen, denn die Keime können über die Stallluft oder auch über das Fleisch der Tiere übertragen werden. Eine (nicht repräsentative) Untersuchung des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat ergeben, dass jedes zweite Hühnerfleisch aus deutschen Supermärkten mit antibiotikaresistenten Keimen belastet ist.

Was muss sich ändern?

Grundsätzlich ist die Verfügbarkeit von Antibiotika für den Erhalt der Gesundheit von Tieren - wie auch beim Menschen - essenziell. Aus Tierschutzsicht sollten kranke oder verletzte Tiere dann mit Antibiotika behandelt werden, wenn der Tierarzt eine entsprechende Diagnose gestellt hat, um Leiden zu vermeiden oder zu reduzieren. Ein Großteil der Antibiotika wird aber eingesetzt, um Erkrankungen und Verletzungen zu behandeln, die aufgrund der Haltung entstehen. Daher muss auch an der Ursache angesetzt und Haltungsbedingungen verbessert werden. Außerdem müssen die verfügbaren antibiotischen Wirkstoffgruppen differenzierter und verantwortungsbewusster eingesetzt werden, um Resistenzentwicklungen nicht weiter zu forcieren. Dies gilt besonders für die sogenannten „Reserve-Antibiotika“, die nur im absoluten Notfall und wenn kein anderer Wirkstoff wirksam ist, eingesetzt werden sollten.

 

Das Arzneimittelgesetz schreibt eine Dokumentationspflicht für den Arzneimitteleinsatz bei allen Masttieren in der Landwirtschaft vor. Ziel dieses Monitoring ist es, dass Betriebe mit höherem Antibiotika-Einsatz Maßnahmen ergreifen, um den Einsatz zu verringern. Dabei darf aber nicht die Tiergesundheit leiden und es müssen zusätzlich andere Maßnahmen ergriffen werden, um den Antibiotikaeinsatz nicht zum Nachteil der Tiere zu senken. Um wirklich etwas für die Gesundheit der Tiere zu tun, brauchen wir einen Systemwechsel: Die industrielle Intensivhaltung von Tieren in der Landwirtschaft muss abgeschafft werden und einer Haltung weichen, die die arteigenen Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Tiere berücksichtigt und ohne den systematischen Einsatz von Medikamenten auskommt.

Gefahr resistenter Keime

Menschen können sich durch direkten Kontakt mit den Tieren anstecken, durch Nahrungsmittel tierischen Ursprungs oder die Ausscheidungen der Tiere, die in die Umwelt gelangen bzw. durch gedüngte Pflanzen wieder in die Nahrung des Menschen kommen.

Neben der vorbeugenden Verabreichung von Antibiotika ist der illegale Handel ein zusätzliches Problem. Dieser wird durch den Vertrieb über das Internet weiter gefördert und betrifft besonders die Geflügelbranche. Auch der umfangreiche Handel mit lebenden Tieren ist laut einer EFSA-Studie ein zusätzliches Risiko für die Verschleppung resistenter Bakterien. Besonders problematisch ist die Monopolisierung in der Tierzucht - speziell der Schweine- und Geflügelzucht. Die Geflügelzucht teilen sich weltweit einige wenige Zuchtunternehmen. Allein in Europa sind es nur zwei Unternehmen, die über 85 Prozent des europäischen Marktes mit Broilern beherrschen.

Untersuchungen in den Niederlanden bei Masthühnern zeigten, dass Keime des Darmbakteriums E. coli, die Resistenzen gegen Antibiotika bewirken, schon bei Eintagsküken bis hin zu den schlachtfähigen Tieren nachgewiesen werden konnten. Betroffen waren sowohl Eintagsküken der Masttiere als auch Eintagsküken der Herden, die als Elterntiere zur Produktion von Bruteiern für die Nachzucht gehalten werden.