Gänse

Grau- und Hausgänse auf einer Wiese. © M. Masanneck
© M. Masanneck

Mehrere hunderttausende Wildgänse überwintern jedes Jahr im Norden Deutschlands: Graugänse aus Skandinavien, Blässgänse aus Sibirien oder Kurzschnabelgänse aus Grönland. Für ihre Nachtruhe benötigen die Tiere größere Seen oder Flüsse. Tagsüber suchen sie auf abgeernteten Feldern und Weiden nach Futter. 

Jäger führen als Argument für eine Bejagung immer wieder an, dass die Zahl der Gänse in den letzten Jahren stark gestiegen sei und die Tiere landwirtschaftliche Grünflächen schädigten oder auch in Naherholungsgebieten störten. Tatsächlich kam es unter anderem durch starke Bejagung sowie Lebensraumveränderungen bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem drastischen Rückgang der Gänsepopulationen, die sich erst durch einen umfassenden Schutz seit den 1970er Jahren wieder erholten. In den letzten Jahren fielen die Bestandsentwicklungen je nach Art recht unterschiedlich aus, denn während bei der Graugans noch Zunahmen zu erkennen sind, ist die Zahl der Bläss- und Saatgänse konstant geblieben oder eher rückläufig und bei Ringel- und Zwerggänsen sogar geschrumpft.

Gnadenlos unter Beschuss

Nach der Bundesjagdzeitenverordnung dürfen zahlreiche Gänsearten wie die Grau-, Saat-, Bläss-, Kanada- und Ringelgans während der Zeit zwischen dem 1. November und dem 15. Januar bejagt werden. Manche Bundesländer haben sogar zusätzliche Jagdzeiten für Nilgänse und z. B. für Graugänse im Sommer, um vermeintliche Fraßschäden zu vermeiden. Nicht bejagt werden dürfen die Nonnen-, Rothals-, Brand-, Kurzschnabel- und Zwerggans.

Die Jäger lauern den Tieren häufig in der Nähe ihrer Schlafgewässer auf, um sie dann beim Auffliegen abzuschießen. Offiziell werden so jedes Jahr Zehntausende Gänse getötet. Im Jagdjahr 2011/12 waren es über 70.000, wobei die tatsächliche Zahl sicher noch höher liegt.

Aus Tierschutzsicht hochproblematisch: Die Schrotmunition tötet viele Tiere oft nicht direkt, sie werden nur verletzt oder sterben erst später an Bleivergiftungen durch bleihaltiges Schrot. Wissenschaftler schätzen den Anteil „angeschroteter“ Gänse auf über 30 Prozent. Gestützt wird dies durch Studien in Ländern wie Schweden, wo über 60 Prozent der Altvögel und fast 30 Prozent der Junggänse Schrotprojektile im Körper hatten.

Angeschossene Gänse fallen zum Teil vom Jäger unbemerkt vom Himmel und werden im Schilf oder Gebüsch vergessen, wo sie elend sterben. Nicht selten fehlt der für diese Fälle vorgeschriebene Jagdhund, der die Tiere aufspüren könnte.

Tödliche Verwechslung

Nicht nur, dass immer wieder sogar Jagden in Natur- oder Vogelschutzgebieten stattfinden. Die Jäger verwechseln die einzelnen Gänsearten und schießen mitunter geschützte Arten wie die Zwerggans ab, die in den Schwärmen der häufiger vorkommenden Arten mitfliegt. Selbst geübten Vogelkundlern fällt es schwer, die Tiere im Flug zu unterscheiden. 

Sinnlose Jagd

Aus Tierschutzsicht ist deshalb eine Jagd auf Gänse grundsätzlich abzulehnen. Etwaige landwirtschaftliche Schäden lassen sich durch eine Bejagung ohnehin nicht verhindern. Im Gegenteil zeigen Studien, dass Gänse durch die Jagd unruhiger und scheuer werden, mehr umherfliegen und dadurch sogar mehr Futter benötigen. Ausweichflächen, auf denen die Vögel ungestört bleiben dürfen, sowie Ausgleichszahlungen für betroffene Landwirte, bei denen nachweislich Gänse Schäden verursacht haben, stellen sinnvolle Alternativen dar.

Darüber hinaus dürfen nach dem Bundesjagdgesetz Elterntiere, die unselbständige Jungvögel führen, eigentlich nicht erlegt werden. Gerade im Sommer sind die Jungvögel weitgehend unselbständig, auch während ihres ersten Winters halten die Familienverbände noch eng zusammen - eine Jagd müsste also eigentlich ausgeschlossen sein.