Kükentöten
Was sich nicht rechnet, wird getötet

In Deutschland werden jedes Jahr ca. 45 Millionen männliche Küken aus Legehybridlinien sofort nach dem Schlüpfen durch CO2-Vergasung getötet. Ihre Mast ist unwirtschaftlich: Die Aufzucht rentiert sich nicht, weil die Tiere nicht so schnell zunehmen wie ihre Artgenossen aus Zuchtlinien für die Mast. Das Töten durch CO2 ist für die Küken mit Leiden verbunden, da der damit verbundene Sauerstoffmangel zum Gefühl des Erstickens bei den Tieren führt.
Hochleistungszucht - der Grund fürs Kükentöten
Früher war es selbstverständlich, dass Eier und auch das Fleisch von denselben Hühnern stammen. Doch seit einigen Jahrzehnten werden Hochleistungshühnerrassen gezüchtet, die sich ausschließlich für das Eierlegen oder zur Mast bzw. Fleischgewinnung eignen.
Legehennen stammen aus speziellen Hochleistungszuchtlinien (sogenannte Legehybriden). Die Tiere sind darauf gezüchtet, möglichst viele Eier zu legen. Während die wildlebende Urform der Hühner nur ca. 20 Eier im Jahr legt, legt eine heutige Legehenne bis zu 325 Eier in zwölf Monaten.
Männliche Küken sind wertlos
Wenn in den Brütereien die Küken für Legebetriebe schlüpfen, sind davon immer ungefähr die Hälfte männlich. Wie ihre Schwestern wachsen die Hähne langsam und setzen schlecht Fleisch an. Die Mast dieser Tiere dauert im Vergleich zu speziellen Masthühnern, die darauf gezüchtet wurden, sehr schnell viel Gewicht anzusetzen, wesentlich länger. Da sie trotz der deutlich längeren Mastzeit keine „wertvollen Teilstücke“, wie besonders große Schenkel und Brust entwickeln, gelten sie als schwer zu vermarkten. Das Fleisch wird meist in verarbeiteten Nahrungsmitteln genutzt, der Verkauf als ganzer Hahn oder in Teilstücken ist kaum möglich. Derzeit muss die Mast dieser Hähne durch einen etwas höheren Eierpreis querfinanziert werden

Gesetz verbietet das Kükentöten – Auswirkungen auf den Tierschutz
- Am 13.06.2019 hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig geurteilt, dass das Töten der männlichen Küken aus wirtschaftlichen Gründen keinen „vernünftigen Grund“ nach dem Tierschutzgesetz darstellt. Vor dem Hintergrund des Staatsziels Tierschutz wiegt der Tierschutz mehr als wirtschaftliche Interessen.
- Im Sommer 2020 wurde daraufhin ein Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes vorgelegt. Demnach soll das Kükentöten von Beginn 2022 an verboten werden. Ebenfalls sollen nach einer Übergangsfrist 2023 auch Methoden verboten werden, mit denen bereits im Ei entwickelte männliche Embryonen nach dem 6. Bruttag getötet werden können. Denn: Auch ab dem 7. Tag muss man davon ausgehen, dass das Embryo bereits über eine gewisse Empfindungsfähigkeit verfügt.
- Problem: Auch wenn das Kükentöten verboten wird, bedeutet das nicht automatisch, dass alle männlichen Küken (sogenannte Bruderhähne) tiergerecht aufgezogen werden und ein gutes Leben haben. Zudem bleibt die Hochleistungszucht und damit zuchtbedingte Probleme wie Lahmheiten oder Herz-Kreislauferkrankungen bei Masthühnern oder Eileiterentzündungen oder Knochenschwäche bei Legehennen bestehen.
Geschlechtsbestimmung im Ei ist keine Lösung!
Die Geschlechterbestimmung im Ei ist aus Sicht der Eierindustrie die kostengünstigste und somit wirtschaftlichste Alternative zum Töten der Eintagsküken. Die abgetöteten Embryonen können als Tierfutter oder in der Kosmetik verarbeitet werden. Allerdings greifen alle bisher auf dem Markt verfügbaren Methoden der Geschlechterbestimmung im Ei erst nach dem 9. Bruttag. Nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand ist jedoch bereits nach dem 6. Bruttag eine Empfindungsfähigkeit bei dem Embryo vorhanden. Deshalb ist es in diesem Alter genauso ethisch fragwürdig den Embryo im Ei abzutöten, wie ein Küken direkt nach dem Schlupf.
Aus der Sicht des Tierschutzes sind derzeit alle verfügbaren Methoden zur Geschlechtsbestimmung im Ei abzulehnen, weil das Töten nur um einige Tage vorverlegt wird und zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem der Embryo schon empfindungsfähig ist.
Aufzucht der Hähne

Die Aufzucht und Haltung der Hähne ist im konventionellen Bereich nicht gesetzlich geregelt, d.h. es gibt keinerlei Mindeststandards. Es ist dann nicht auszuschließen, dass die Tiere dicht gedrängt in großen Beständen ohne Tageslicht, Beschäftigungsmaterial und Sitzstangen aufgezogen werden, Antibiotika verabreicht bekommen und lange Transporte ins Ausland über sich ergehen lassen müssen.
Auch bei Eiern mit dem EU-Ökosiegel ist es nicht verboten, die entsprechenden Bruderhähne zur Aufzucht unter konventionellen Bedingungen abzugeben und sie dafür ins Ausland zu bringen. Einzig der Demeter Verband regelt bisher, dass die Bruderhähne unter biologischen Bedingungen aufgezogen werden müssen, wenn die Eier unter dem Demeter Label verkauft werden.
Die Lösung: Das Zweinutzungshuhn
„Zweinutzungshuhn“ ist die Bezeichnung für Hühner, die nicht auf spezielle Hochleistungen in einem Bereich (Eierlegen oder Fleischansatz) gezüchtet werden. Die Hennen legen ca. 60 Eier weniger im Jahr als Hochleistungshühner, aber dafür setzen sie etwas mehr Körpermasse an. Die Hähne wachsen etwas schneller als die Hähne der Legehybriden. Durch die etwas geringeren Leistungen wird der Körper der Tiere weniger belastet. Deshalb sind sowohl die weiblichen als auch die männlichen Zweinutzungshühner vitaler und weniger anfällig für Krankheiten als Hochleistungstiere. Geringere Krankheitsanfälligkeit bedeutet auch weniger Leiden für die Tiere.
Was können Verbraucher tun?
Wer sicher sein möchte, dass die Hähne unter besseren Bedingungen aufgezogen wurden, sollte auf das Label eines Bioverbands achten, der die Aufzucht unter ökologischen Standards garantiert oder Eier aus ökologischer Hahnaufzucht kaufen, die ausdrücklich Mindeststandards für die Aufzucht der Hähne garantieren.
Anbieterübersicht: Wir haben die verschiedenen Anbieter und Label bewertet.