Portrait einer Schildkröte im Sand

Exotische Tiere wie Chamäleon, Bartagame und Co. haben hohe AnsprücheReptilien sind keine Haustiere

Ob Schildkröte, Bartagame oder Chamäleon: Es gibt hunderttausende Reptilien in deutschen Haushalten. Dabei wird oft unterschätzt, dass diese Tiere im Privathaushalt häufig nicht artgerecht zu halten sind. Können Besitzer*innen die hohen Ansprüche nicht bewältigen, wollen sie die Reptilien wieder loswerden. Dies stellt Tierheime und Auffangstationen vor große Probleme.

Viele Menschen sind von Reptilien fasziniert und kaufen oft unüberlegt eins der exotischen Tiere, die im Internet, auf Tierbörsen oder auch im Zoofachhandel zu finden sind. Von Leopardgeckos über griechische Landschildkröten bis hin zur Schlange ist alles dabei. Die Leidtragenden sind die Tiere – die Unwissenheit vieler Halter*innen verstärkt das Leid zusätzlich.

Warum Sie keine Reptilien kaufen sollten

Reptilien sind Wildtiere – es ist meist kaum möglich, sie artgerecht in einer Wohnung zu halten. Die Tiere wachsen lebenslang, ein Terrarium wird schnell zu klein. Eine Wasserschildkröte wird beispielsweise oft suppentellergroß oder ein Grüner Leguan bis zu zwei Meter lang. Viele unterschätzen neben der Größe auch die hohe Lebenserwartung der Tiere. Von den Ansprüchen an ihr Umfeld ganz zu schweigen: Reptilien brauchen unterschiedliche Temperaturbereiche in ihrem Lebensraum, passende Beleuchtung sowie Luft- und Bodenfeuchtigkeit. Das richtige Klima lässt sich, wenn überhaupt, nur mit höherem technischen und finanziellen Aufwand umsetzen. Denn dafür sind teure Technik und je nach Art viel Strom notwendig. Hinzu kommt, dass es nicht überall Tierärztinnen und -ärzte gibt, die auf Reptilien spezialisiert sind. Auch die Fütterung ist problematisch.

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Einige Reptilien brauchen komplette oder gar lebende Tiere wie Mäuse, Ratten und andere Kleinnager als Nahrung. Das bedeutet für die zu verfütternden Tiere Stress und einen grausamen Tod. Die Situation ist nicht mit der in der freien Natur zu vergleichen, da die Beutetiere im Terrarium keine Möglichkeit haben, zu fliehen. Zudem werden die Futtertiere oft nicht artgerecht gehalten. Reptilien in Privathaushalten bedeuten auch ein Risiko für die Gesundheit. Sie können zum Beispiel Salmonellen auf Menschen übertragen. Des Weiteren fördert die Haltung von exotischen Tieren das Artensterben in der Natur, da immer noch Wildfänge gehandelt werden dürfen.

Handel mit exotischen Tieren ohne Hürden

Deutschland ist das Zentrum des Wildtierhandels in der Europäischen Union. Es gibt kaum Vorschriften für private und gewerbliche Händler. Auf Internetplattformen können sie ihre Tiere einfach verkaufen. Der Mangel an Vorschriften verstärkt auch den Handel von Massenvermehrer*innen, die sich auf den deutschen Markt spezialisiert haben. Darüber hinaus werden immer noch sehr viele Tiere, auch bedrohter Arten, aus ihrem natürlichen Lebensraum gerissen, um den Bedarf an exotischen Haustieren zu decken. Der Fang und die Transporte sind mit Leid und Stress für die Tiere verbunden, für manche endet die Odyssee auch mit dem Tod. Interessent*innen benötigen ebenfalls keinen Sachkundenachweis, um Reptilien oder andere Tierarten wie Amphibien, exotische Säuger oder Spinnentiere zu kaufen.

Probleme für Tierheime

Viele Halter*innen sind sich vor der Anschaffung nicht darüber bewusst, wie viel Wissen, Zeit und Geld die Haltung von Reptilien erfordert. Sie geben ihre Reptilien in Tierheimen ab oder setzen sie aus. Über 6.000 Reptilien nehmen die Tierheime jedes Jahr auf. Die wenigsten verfügen über geeignete Räumlichkeiten, Terrarien oder spezialisiertes Personal und können Schlangen, Echsen und Co. dementsprechend nicht angemessen unterbringen. In der Regel fehlt es an Geld. Viele sind mit Hunden, Katzen, Kaninchen und Co. bereits komplett ausgelastet. Darum fehlt die Zeit, sich das Fachwissen über die anspruchsvollen Exoten anzueignen. Hinzu kommt der erhebliche Aufwand, Reptilien zu versorgen. In der Regel bleiben Reptilien lange in Tierheimen, denn nur wenige können erfolgreich an Privathaushalte vermittelt werden. Um die Tierheime zu entlasten, unterstützt der Deutsche Tierschutzbund sie finanziell und hat 2016 eine eigene Reptilienstation im Tierschutzzentrum Weidefeld eröffnet.

Positivliste würde helfen

Derzeit gibt es in Deutschland keine verpflichtenden Vorgaben oder Regelungen zur Haltung von Reptilien. Nur neun Bundesländer verbieten die Haltung bestimmter gefährlicher Tierarten. Der Deutsche Tierschutzbund fordert seit Jahren eine bundesweit geltende Positivliste, die nur Tierarten aufführt, die auch tatsächlich gehalten werden dürfen.1 Dieses Vorgehen wäre übersichtlicher als eine Negativliste. Bis dato noch nicht gehandelte Tierarten dürften dann auch nicht einfach auf den deutschen Markt kommen, bis Behörden dies genehmigen und sie auf die Positivliste aufnehmen. Zoll, Polizei oder Veterinärämter könnten schneller einschreiten und die Vorschriften einfacher nachvollziehen. Bis der Weg für eine Positivliste politisch frei ist, sollte zuerst ein bundesweit einheitliches Verbot der Haltung von Wildtieren geschaffen werden, die gefährlich für den Menschen werden können oder eine bestimmte Größe überschreiten.

Wissenswertes zur Haltung

Wer sich dazu entscheidet, Reptilien zu halten, sollte sich zunächst in einem Tierheim oder einer Auffangstation umsehen und sich vorab gründlich darüber informieren, wie die Tiere unter Tierschutzaspekten annähernd artgerecht gehalten werden können. Ein verantwortungsvoller Umgang und eine genaue Kenntnis der Haltungs- und Lebensbedingungen sind für das Wohlbefinden eines Tieres essenziell.

Die Griechische Landschildkröte erreicht mit bis zu 80 Jahren ein enorm hohes Alter. In der Regel ist es den Halter*innen kaum möglich, das Tier über sein gesamtes Leben zu versorgen. Die Schildkröte muss unbedingt ins Freie, um etwa sonnenbaden zu können.

Bartagamen werden bis zu 60 Zentimeter lang und bis zu 15 Jahre alt. Sie sind keine Kuscheltiere und legen keinen Wert auf Kontakt zu Menschen. Deshalb sollten die Tiere immer im Terrarium verbleiben und nicht in der Wohnung oder auf ihren Halter*innen herumklettern. Anders als viele annehmen, ernähren sich Bartagamen nicht ausschließlich von Insekten, dies würde zu Gicht und einem frühen Tod führen. Ausgewachsene Tiere benötigen nur 20 Prozent tierische Nahrung.

Chamäleons sind keinesfalls für Anfänger*innen geeignet. Sie sind sehr stressanfällig. In unwissenden Händen sterben viele bereits nach kurzer Zeit. Eine Einzelhaltung ist zwingend notwendig, auch der Blickkontakt zu Artgenossen und anderen Haustieren oder Mensch ist zu vermeiden. Das Jemenchamäleon wird bis zu 40 Zentimeter groß und etwa sieben Jahre alt.

Leopardgeckos können weit über 20 Jahre alt und circa 25 Zentimeter lang werden. Die dämmerungs- bis nachtaktiven Tiere bewegen sich viel und gerne und sollten nicht einzeln gehalten werden. Oft werden die Geckos zu warm und zu trocken gehalten. Die Terrarieneinrichtung sollte einmal täglich mit lauwarmem Wasser eingesprüht werden. Leopardgeckos häuten sich etwa alle zwei Wochen.

Der Grüne Leguan hat eine Lebenserwartung von über 20 Jahren und wird zwei Meter lang. Aufgrund seiner Größe ist der grüne Leguan nicht für die Terrarienhaltung geeignet. Auch als „Mitbewohner“ im Zimmer ist er nicht passend, da die klimatischen Verhältnisse nicht angemessen sind.

Einige Schlangenarten werden weit über 20 Jahre alt. Der Königspython ist sehr beliebt und wird häufig nachgezüchtet, leider auch zunehmend in bestimmten Farbzuchtformen, sogenannte Morphen, die bestimmten Modetrends unterliegen und von denen einige als Qualzucht zu betrachten sind. Durchschnittlich werden die Tiere 90 bis 120 Zentimeter lang. Die Kornnatter wird zwischen 80 und 170 Zentimeter lang. Die Abgottschlange, auch Boa constrictor genannt, erreicht in der Regel eine Länge von zwei Metern, in seltenen Fällen wird sie sogar drei Meter lang. Aus Tierschutzsicht ist die Ernährung von Schlangen problematisch. Die Fleischfresser brauchen Futtertiere, beispielsweise Mäuse. Wird das Futtertier lebend verfüttert, kann es nicht fliehen, wie es in der freien Natur der Fall wäre. Es kommt vor, dass Futtertiere nicht sofort getötet werden, sondern eine Zeit lang im Terrarium dahinvegetieren. Sie können zwar als Frostfutter gefüttert werden, hierbei ist jedoch immer zu hinterfragen, wie sie untergebracht und getötet wurden. Es gibt auch Schlangen, die frisch getötete Tiere fressen. Oftmals müssen dann die Halter*innen selbst die Tiere vor der Fütterung töten. Weil ihnen dazu oft die nötigen Kenntnisse dazu fehlen, leiden die Tiere dabei unter Schmerzen.

Hund aus dem Tierschutzzentrum Odessa schmiegt sich an Tierpfleger des Tierschutzzentrums Weidefeld und schaut ihn dankbar an.
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Quellen und weitere Informationen

1 Weitere Informationen über die Positivliste für die Heimtierhaltung finden Sie in unserem Positionspapier.

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