Ungeborene Kälber als Rohstofflieferanten

Fötales Kälberserum als Zellkulturmedium

Fotomontage mit der schwarzen Silhouette eines Kalbes, dem mit einer Spritze aus dem Herzen Blut entnommen wird. CLIPAREA.com - Fotolia; ALEX MALIKOV vk.com/alex_malikov - Fotolia
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In der biomedizinischen Forschung wird im großen Stil das Blut ungeborener Kälber eingesetzt. Das aus diesem Blut gewonnene Serum, in Wissenschaftskreisen als fötales Kälberserum (FKS) bekannt, dient als wichtiger Zusatz für Nährlösungen, damit Zellen im Labor wachsen und sich vermehren können. Dahinter steckt allerdings schreckliches Tierleid. Leider können auch Zellkulturmethoden, die eigentlich Tierversuche ersetzen sollen, davon betroffen sein.

Die Gewinnung des fötalen Kälberserums ist grausam: Trächtigen Kühen werden am Schlachthof die ungeborenen Kälber entnommen, aus deren Blut dann das Serum gewonnen wird. Die Kälber werden dabei weder betäubt noch tierschutzgerecht getötet, obwohl es deutliche Hinweise gibt, dass die Kälberföten bereits leidensfähig sind. Auch die Mutterkühe leiden massiv, wenn sie im trächtigen Zustand transportiert werden. Hauptproduktionsländer sind Australien, Brasilien und die USA, aber gewonnen wird es auch in EU-Ländern wie Frankreich. Schätzungen gehen von weltweit bis zu 2 Millionen Kälberföten pro Jahr aus.

Auch wissenschaftliche Gründe sprechen gegen den Einsatz von fötalem Kälberserum. Die genaue Zusammensetzung des Serums ist nicht bekannt. Das kann die Zellkulturen beeinflussen und damit auch die an ihnen durchgeführten Tests. Wissenschaftlich verlässlicher wäre es, künstliche Nährmedien mit bekannter Zusammensetzung einzusetzen, die alle für das Zellwachstum notwendigen Bestandteile enthalten. Solche künstlichen Nährmedien gibt es bereits, aber nur wenige Wissenschaftler kennen sie.

Alternativen zum fötalen Kälberserum - ohne Leid für die ungeborenen Kälber

Wir setzen uns dafür ein, dass fötales Kälberserum nicht mehr verwendet wird. In unserem Zellkulturlabor der Akademie für Tierschutz  forschen wir bereits seit längerem an Ersatzprodukten für das fötale Kälberserum. Um die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf das Thema zu lenken und die Bekanntheit und Akzeptanz von Alternativen zu FKS zu steigern, veranstaltete der Deutsche Tierschutzbund im November 2020 mit Unterstützung der Renate Benthlin-Stiftung für Nutztierschutz ein ganztägiges Online-Symposium. Im August 2021 leiteten wir eine Sitzung zum Ersatz von FKS am Weltkongress für Alternativmethoden in den Biowissenschaften. Bei diesen Veranstaltungen wurde mit internationalen Expert*innen aus Universitäten, Industrie, Behörden und Tierschutz der aktuelle Stand der Entwicklungen zu FKS diskutiert und die ethischen und wissenschaftlichen Vorteile tierleidfreier Alternativen vorgestellt.

Unsere Forderungen zur Abschaffung des fötalen Kälberserums

Zu den erarbeiteten Empfehlungen aus dem Workshop gehören:

  • Vereinheitlichung und wissenschaftliche Prüfung von Zellkultur-Medien ohne fötales Kälberserum durch Anwender und Vertreiber, um die Akzeptanz solcher Medien zu steigern
  • die Einrichtung einer öffentlich zugänglichen Datenbank für Zellkultur-Medien ohne fötales Kälberserum ist in den Niederlanden bereits erfolgt!
  • eine Informations-Kampagne und Schulungen für Wissenschaftler, die noch mit fötalem Kälberserum arbeiten
  • national und international sollten öffentliche Forschungsgelder zur Förderung von Methoden ohne fötales Kälberserum eingesetzt werden
  • auf EU-Ebene müsste ein verbindlicher Rechtsrahmen zum Schutz der Kälber geschaffen werden, an dem sich Genehmigungsbehörden orientieren können
Ein junges Kalb - ihm wurde kein fötales Kälberserum entnommen, es darf leben.
Ein junges Kalb - ihm wurde kein fötales Kälberserum entnommen, es darf leben.