Leidvolles Brauchtum Darum gehören Pferde nicht in einen Karnevalszug von Nadine Carstens

Lärm, Gedränge und fliegendes Wurfmaterial wie an Rosenmontag bedeuten für Pferde großen Stress. Wir fordern daher ein Pferdeverbot im Karneval.

Lärm, Gedränge und fliegendes Wurfmaterial wie an Rosenmontag bedeuten für Pferde großen Stress. Wir fordern daher ein Pferdeverbot im Karneval.

Für viele Jecke gehören sie zur fünften Jahreszeit wie die Erstürmung des Rathauses zu Weiberfastnacht, Schunkeln und Kamelle zu Rosenmontag und die Nubbelverbrennung zu Aschermittwoch. Pferde sind ein fester Bestandteil des bunten Treibens und haben eine jahrhundertealte Tradition. Bis heute halten zahlreiche Städte und Festkomitees daran fest und ermöglichen die Teilnahme der Tiere an Karnevalsumzügen.

Menschenmengen, Lärm und Co. bedeuten Stress

Doch für die Pferde selbst haben solche Veranstaltungen absolut nichts mit Vergnügen zu tun. Ob als Reitpferde von Reitcorps oder als Zugpferde für die prunkvollen Kutschen – inmitten der ausgelassenen Menschenmengen, lauter Musik sowie umherfliegender Süßigkeiten, Blumensträuße und anderem Wurfmaterial bedeuten solche Karnevalsumzüge vielmehr Stress für die sensiblen Fluchttiere. „Problematisch ist auch, dass sie immer wieder unvorbereitet und von allen Seiten von fremden Menschen angefasst werden, ohne sich den Berührungen verweigern zu können. Und wenn sie die oftmals schweren Kutschen und Festwagen ziehen, ist das ständige Stop and Go ein Kraftakt für die Tiere“, erläutert Andrea Mihali, Tierärztin und Leiterin der Abteilung für Interdisziplinäre Themen beim Deutschen Tierschutzbund. „Die ganze Zeit über sind die Pferde vielen stressigen Einflüssen ausgesetzt, der zu Angst und Fluchtreaktionen führen kann.“

Gefahr für Tier und Mensch

Sowohl für die Pferde als auch für die Reiter*innen und die umstehenden Menschen geht mit dem Einsatz der Tiere ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko einher. Das zeigte unter anderem ein schwerer Unfall beim Rosenmontagszug in Köln im Jahr 2018. Fünf Menschen wurden dabei verletzt, vier von ihnen schwer – offenbar waren Pferde einer Kutsche durchgegangen. Auch in Sonnenwalde in Brandenburg waren bei einem Karnevalsumzug im Jahr 2023 die Pferde einer Kutsche durchgegangen. Dabei wurde der Kutscher schwer verletzt. Und 2017 ereignete sich auch beim Bonner Umzug ein Unfall. Ein Pferdegespann ergriff mitsamt Wagen unkontrolliert die Flucht und kollidierte unter anderem mit parkenden Autos. Während der Festausschuss Bonner Karneval Konsequenzen zog und seit 2023 von dem Einsatz von Pferden absieht, rücken die Karnevalshochburg Köln und andere Städte nicht von dieser sogenannten Tradition ab. So liefen in Köln allein beim Rosenmontagszug 2024 insgesamt 234 Pferde mit.

Maus auf dem Rücken bekommt eine Spritze bei einem Tierversuch

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Trainingsmethoden und strengere Leitlinien reichen nicht aus

Befürworter*innen verlassen sich auf bestimmte Trainingsmethoden zur Desensibilisierung der Tiere und auf strengere Kontrollen vor und während der Umzüge. 2023 führte etwa das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen strengere Leitlinien für den Einsatz von Pferden in Karnevalsumzügen ein. Diese haben unter anderem folgende Vorgaben: 

  • Pferde aus dem Zug nehmen. Zuständigen Veterinär*innen müsse es unter anderem möglich sein, Pferde an mehreren Punkten der Zugsstrecke herauszunehmen.
  • Pferde nur am Zuganfang/-ende. Die Tiere sollen möglichst nur am Anfang oder am Ende eines Zugs positioniert werden und nicht in der Nähe einer Musikkapelle.
  • Wagenbegleiter*innen  bei Kutschen. Bei einem Kutschgespann sind zusätzlich mindestens vier Wagenbegleiter*innen erforderlich.
  • Vorbereitung der Pferde. Die Verantwortlichen sollen ihre Pferde regelmäßig auf ihren Einsatz vorbereiten – zum Beispiel, indem sie an bestimmte mit solchen Veranstaltungen verbundene Reize wie etwa Wurfgeschosse oder Flatterbänder gewöhnt werden.

„All diese Bemühungen reichen jedoch nicht aus“, mahnt Mihali. „Die Pferde können noch so routiniert sein und auf strapaziöse Situationen vorbereitet werden – für die Tiere sind solche Veranstaltungen trotzdem ein großer Stressfaktor und das Publikum bleibt unkontrollierbar.“

Die ganze Zeit über sind die Pferde vielen stressigen Einflüssen ausgesetzt, der zu Angst und Fluchtreaktionen führen kann.
Andrea Mihali Tierärztin und Leiterin der Abteilung für Interdisziplinäre Themen beim Deutschen Tierschutzbund

Das fordert der Deutsche Tierschutzbund

Um die Sicherheit sowohl der Tiere als auch aller Beteiligten zu gewährleisten, appellieren wir an alle Verantwortlichen, Städte und Festkomitees, zukünftig ganz auf den Einsatz von Pferden zu verzichten. Der Einsatz von Pferden im Karneval ist eine Tradition, die mit Gefahren für Tier und Mensch verbunden ist und der Vergangenheit angehören sollte. So lässt es sich dann auch wirklich unbeschwert feiern – ganz ohne Tierleid.

Was Sie unternehmen können

Appellieren Sie an Städte und Festkomitees. Schreiben Sie die Festkomitees und die Verwaltungen von Städten an, in denen Pferde nach wie vor in Karnevalsumzügen erlaubt sind, und bitten Sie diese, auf den Einsatz der Tiere zu verzichten.

Kontakt für Journalist*innenPressestelle: +49-(0)228-60496-24 / presse@tierschutzbund.de

Lea Schmitz Leitung Pressestelle / Pressesprecherin
Hester Pommerening vor dem Logo des Deutschen Tierschutzbundes
Hester Pommerening Referentin für Presse und Veranstaltungsmanagement
Mitarbeiterin Deutscher Tierschutzbund
Nadia Wattad Pressereferentin
Portrait von Kerstin van Kan vor dem Logo des Deutschen Tierschutzbundes
Kerstin van Kan Pressereferentin
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