Katrin Pichl ist Tierärztin und Fachreferentin für Wildtiere beim Deutschen Tierschutzbund. In unserer Akademie für Tierschutz beschäftigt sie sich u.a. mit den Themen Stadttauben, Fischerei und Aquakulturen.

Fische empfinden beim Angeln Schmerzen Angeln bedeutet massives Leid für Fische
Fische lebten schon vor 450 Millionen Jahren und sind die ältesten Wirbeltiere der Erde. Viele der 36.000 heutzutage existierenden Fischarten in Süß- und Salzwasser werden regelmäßig von Angler*innen zum Zeitvertreib gefangen. Ob als Hobby oder vermeintliche Sportart – Angeln bedeutet Tierleid.
Als Freizeitbeschäftigung wird Angeln oft romantisiert: Wer angelt, kann aufs Wasser schauen, die Ruhe genießen und Zeit in der Natur verbringen. Was einige Menschen als harmloses Vergnügen sehen, bedeutet für Fische jedoch pures Leid. Angler*innen lassen völlig außer Acht, dass sie den Tieren Schmerzen zufügen. Leider ist das Angeln in Deutschland weit verbreitet: Etwa 1,7 Millionen Angler*innen sind mit ihrem Angelschein amtlich erfasst, viele davon sind in Angelvereinen organisiert. Davon gibt es hierzulande mehrere Hundert. Hinzu kommen Angler*innen, die Touristen-Angelscheine für eine befristete Zeit erwerben sowie jene, die illegal ohne Angelschein angeln.
Fische empfinden Schmerzen, Stress und Angst
Da Fische unter Wasser leben und keine für uns Menschen hörbaren Laute von sich geben, fällt es vielen schwer, Mitgefühl für sie aufzubringen. Doch Fische sind Lebewesen mit einem ausgeprägten Empfindungsvermögen. Es ist mittlerweile umfassend wissenschaftlich nachgewiesen und anerkannt, dass sie über die anatomischen und physiologischen Voraussetzungen für die Wahrnehmung von Schmerz, Stress und weiteren Emotionen wie Angst und Freude verfügen. Wie Kühe, Schweine, Katzen, Hunde oder Vögel sind auch Fische leidensfähige Tiere. Wenn sie geangelt werden, leiden sie scheinbar stumm unter ihren Qualen.
Überlebenskampf am Haken
Für den Fisch beginnt mit dem Eindringen des Hakens in das empfindliche Maul oder den Kiemenbereich eine grausame Tortur. Das Tier beißt am Köder an und versucht zu entkommen, sobald es den Widerstand spürt. Die Kraft des Tieres überträgt sich auf die Schnur sowie die Rute und ist für die Person am anderen Ende der Angel spürbar: Der Fisch kämpft ums Überleben – es kommt zum sogenannten Drill, der für viele Angler*innen reizvoll ist. Die Muskeln des Tieres werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Der Fisch ist erschöpft, leistet keinen Widerstand mehr und wird herangezogen. Nach dem Herausheben aus dem Wasser folgt der finale Todeskampf.

Gewaltsame Betäubung und Tötung
Die Tierschutzschlachtverordnung schreibt vor, dass Fische vor dem Töten betäubt werden müssen. Angler*innen betäuben Fische meistens mit einem Knüppel - einem sogenannten Fischbetäuber aus Holz oder Messing aus dem Angelfachhandel. Damit schlagen sie dem Fisch ein- oder mehrmals auf den Kopf. Diese Handlung führt oftmals nicht direkt zur Betäubung, der Todeseintritt wird damit verzögert und wird zur Folter. Um den Fisch zu schlachten, setzen Angler*innen eine Messerklinge unterhalb des Kiemendeckels an und durchtrennen die Hauptblutgefäße zwischen Herz und Kiemenbögen. Sie schneiden den Fisch zum Ausbluten auf.
Angelmethode „Catch and Release“ ist Tierquälerei
„Catch and Release“, übersetzt „Fangen und Freilassen“, ist eine grausame und bewusst praktizierte Angelmethode in der Hobbyfischerei. Dabei wird der Fisch - wie der Name schon sagt - gefangen und anschließend wieder freigelassen. Was sich zunächst vielleicht wohlwollend anhören mag, ist für die Tiere mit immensem Leid verbunden: Die Fische sind teilweise durch den Kampf an der Angelleine schwer verletzt und stehen unter Schock. Durch das Herumreichen und längere Halten an Land fügen Angler*innen ihnen weitere Verletzungen zu. Während der Fisch um sein Leben kämpft, wiegen, vermessen und fotografieren die Hobbyangler*innen ihren Fang und präsentieren ihn stolz wie eine Trophäe. Mit Fotos im Internet und in Angelmagazinen profilieren sich die Angler*innen. Die Fische dann nach dem Fangen wieder ins Wasser zu werfen, hat nichts mit Tierschutz oder nachhaltiger Fischerei zu tun. Im Gegenteil: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein Großteil der lebend zurückgesetzten Fische später stirbt. Es kann wenige Stunden oder sogar mehrere Tage dauern, bis die Fische qualvoll verenden.
„Catch and Release“ ist zudem rechtswidrig und ein klarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Verschiedene Gerichte – wie beispielsweise das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – haben in Urteilen das große Leiden der Tiere ohne einen vernünftigen Grund bestätigt. Auch die Fischereiverordnungen der Bundesländer verbieten die Praktik. Leider kommt es bisher selten zu Verurteilungen.
Wettangeln ist verboten
Beim Wettangeln treten Angler*innen, meist unter dem Deckmantel einer Sportveranstaltung, gegeneinander an. Als Gewinner*innen gelten diejenigen mit den größten, schwersten oder meisten Fängen. Die gefangenen Fische werden zwischenzeitlich in Netzen gehalten und dann außerhalb des Wassers vermessen und gewogen. Oft töten die Teilnehmer*innen die Fische anschließend. Solche brutalen Wettkämpfe sind hierzulande illegal. In Deutschland dürfen Fische nur zum Verzehr oder zur Gewässerhege geangelt werden.
Das fordert der Deutsche Tierschutzbund
Der Deutsche Tierschutzbund lehnt das Angeln als Sport und Freizeitbeschäftigung sowie damit zusammenhängende Veranstaltungen strikt ab. Fische sind keine Sportgeräte oder Trophäen, sondern schmerzempfindliche und leidensfähige Tiere. Darüber hinaus setzt der Verband sich besonders dafür ein, dass Fische gesetzlich mehr Schutz erfahren und Verstöße in der Angelfischerei besser geahndet werden.