Rollkur beim Pferd

Pferde leiden unter Barren, Rollkur und Co. Tierschutzwidrige Ausbildungsmethoden im Reitsport

Während in der klassischen Reitausbildung eigentlich ein gutes Miteinander zwischen Pferden und Reiter*innen entstehen soll, ist die Realität leider oft alles andere als harmonisch. Denn im Reitsport kommen immer wieder höchstproblematische Ausbildungsmethoden zum Einsatz.

Eine Ausbildung, die sich nach der körperlichen und psychischen Reife der Pferde sowie den Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung richtet, ist im Reitsport leider bis heute nicht gang und gäbe. Die acht Punkte1 der klassischen Reitlehre sehen unter anderem vor, dass die Gesundheit eines Pferdes oberste Priorität hat. Der Einsatz eines Pferdes muss sich an seiner Veranlagung, seinem Leistungsvermögen und seiner Leistungsbereitschaft orientieren.

Laut Tierschutzgesetz ist es verboten, Tiere auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind.

Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft schreibt in seinen Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport2, an denen auch der Deutsche Tierschutzbund mitgewirkt hat3, dass Hilfsmittel verboten sind, die dem Tier bei Ausbildung, Training und Nutzung ohne vernünftigen Grund Schmerzen oder Angst zufügen. Trotz solcher Richtlinien wenden Reiter*innen und Ausbilder*innen regelmäßig tierschutzwidrige Methoden an. Mit Praktiken wie Barren, Touchieren oder der Rollkur fügen sie Pferden vermeidbares Leid zu. So versuchen sie, die Tiere zu einer Leistung zu zwingen, die sie unter normalen Bedingungen nicht zeigen würden oder zumindest nicht in dem Maße. Wir lehnen dieses tierschutzwidrige Vorgehen strikt ab.

Drei Pferde stehen seitlich nebeneinander und schauen einen an
Werden Sie Pferde-Pate!

In unserem Tierschutzzentrum Weidefeld finden Tiere in Not ein sicheres Zuhause – darunter auch Pferde, die vernachlässigt, misshandelt oder vor der Schlachtung gerettet wurden. Hier erhalten sie endlich, was sie verdienen: ein pferdegerechtes Leben im Kreise ihrer Artgenossen. Lernen Sie unsere Pferde kennen und helfen Sie mit Ihrer Patenschaft! 

Jetzt Pferde-Pate werden

Was ist Barren und Touchieren beim Pferd?

Beim aktiven Barren steht eine Person meist versteckt hinter dem Hindernis und schlägt mit einer Metall- oder Holzstange beim Überspringen des Hindernisses von unten an die Beine des Pferdes. Beim passiven Barren liegt eine dünnere zweite Stange, in der Regel aus Metall, zusätzlich über der obersten Stange des Hindernisses. Stößt das Pferd gegen die Metallstange, empfindet das Tier Schmerzen. Das laute Geräusch beim Herabfallen der Stange führt auch dazu, dass das Pferd sich erschreckt und Angst hat. Dem Pferd wird so auf brutale Weise eingeprägt, beim nächsten Mal höher zu springen. Obwohl das Barren bereits verboten ist, kommt es heute teilweise noch im Springsport zum Einsatz. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung hat diese Methode zunächst durch das Touchieren relativiert. Dabei werden die Beine des Pferdes ebenfalls während des Sprungs mit einer Stange, die jedoch nicht aus Metall bestehen darf, berührt. Das Touchieren ist laut Richtlinien der Reiterlichen Vereinigung inzwischen auch verboten.4

Was ist die Rollkur beim Pferd?

Bei der Rollkur ziehen Reiter*innen den Kopf des Pferdes mithilfe der Zügel oder auch mit Schlaufzügeln über längere Zeit hinweg so tief nach unten, dass das Maul teilweise die Brust berührt. Dies wird auch Hyperflexion genannt. Der Hals des Tieres wird enorm überdehnt, was schmerzhaft ist und bleibende Schäden zur Folge haben kann. Das Pferd empfindet dabei massiven Stress und Angst. Sein Blickfeld ist dabei so stark eingeschränkt, dass es sich leiten lassen muss, ohne zu sehen, was passiert und was vor ihm liegt. Zudem behindert die Rollkur nicht nur seine Atmung stark, sondern unter Umständen auch das Schlucken. Letzteres ist Gegenstand vieler Untersuchungen und könnte ein Grund dafür sein, warum Pferde bei der Methode oft sehr viel Schaum vor dem Maul haben. Zusätzlich löst die Rollkur Schmerzen bis hin zu Verletzungen im Maul- und je nach Gebiss auch im Zungen- und Gaumenbereich aus. Bemerkt das Pferd, dass es sich aus dieser Lage nicht mehr befreien kann, ergibt es sich irgendwann. Es stumpft ab und entwickelt eine erlernte Hilflosigkeit. Dieser Zustand ähnelt einer Depression. Die Rollkur kommt in fast allen Disziplinen zum Einsatz.

Was ist Blistern beim Pferd?

Beim Blistern reiben Reiter*innen ihren Pferden eine stark hautreizende Substanz, beispielsweise Capsaicin, oberhalb der Hufe an den Kronsaum oder an die Röhrbeine. Dadurch empfindet das Pferd beim Berühren der Hindernisstange stärkere Schmerzen. Das Pferd springt infolgedessen noch vorsichtiger und höher. Blistern kommt in Deutschland nicht mehr zum Einsatz.

Der richtige Umgang mit dem Pferd

  • Vertrauen zum Menschen ist für Pferde eine Grundvoraussetzung, um Signale und Hilfen annehmen zu können. Sie müssen daher lernen, dass der Mensch ihnen auch in Situationen, die bedrohlich erscheinen, Sicherheit und Schutz vermittelt.
  • All die genannten tierschutzwidrigen Trainingsmethoden bewirken das Gegenteil. Daher lehnen wir diese strikt ab.
  • Trainer*innen sollten die Tiere stets in kleinen Lernschritten ausbilden und Einfühlungsvermögen, Geduld sowie Selbstbeherrschungmitbringen, um die Anforderungen an das Pferd fair und konsequent zu gestalten.
  • Nur ein tiergerechter und respektvoller Umgang mit den sensiblen Tieren führt zu einem vertrauensvollen Mensch-Pferd-Gespann.

 

Das könnte Sie auch interessieren

Experte
Portrait von Andrea Mihali
Andrea Mihali

Andrea Mihali ist Tierärztin und Fachreferentin für Equiden beim Deutschen Tierschutzbund. Sie beschäftigt sich an unserer Akademie für Tierschutz mit den Themen Haltung und Nutzung von Pferden, Eseln und Co.

Alle Artikel von Andrea Mihali
Autor
Portraitfoto von Sandy Syperekc
Sandy Syperek

Sandy Syperek ist Redakteurin beim Deutschen Tierschutzbund. Sie hat Germanistik und Soziologie studiert. Mit ihren Texten klärt sie über die Bedürfnisse und das Leid von Tieren auf und gibt ihnen so eine Stimme. Sie möchte das Bewusstsein der Menschen dafür stärken, dass sich alle Tiere gleichermaßen nach einem friedvollen Leben sehnen.

Alle Artikel von Sandy Syperek
Jetzt spenden