Gegenargumente zu den Kleingruppenkäfigen

Eier mit Kennzeichnung

Die 0 bekommen nur Eier aus ökologischer Haltung, Eier aus Kleingruppenhaltung hingegen die 3. Denn die Kleingruppenhaltung ist nichts anderes als eine neue Variante des Käfigs, weshalb der Deutsche Tierschutzbund auch direkt von „Kleingruppen-Käfigen“ spricht.

Die Ankündigung großer Handelsunternehmen wie Aldi Süd und Edeka Südwest, Eier aus der Käfighaltung auszulisten und keine Eier aus  Kleingruppen-Käfigen anzubieten, hat den Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft in Argumentationsnot gebracht. Die Geflügelwirtschaft versucht nun den beschönigend Kleingruppenhaltung genannten Käfig-Typ als eine tiergerechte Haltung darzustellen und greift die Handelsunternehmen an, sie würden die Verbraucher bevormunden. Im Folgenden nehmen wir zu den Argumenten der Geflügelwirtschaft Stellung:

Die Geflügelwirtschaft behauptet, dass die Kleingruppen-Käfige das Ergebnis mehrjähriger internationaler Forschungen und Untersuchungen sowie praktischer Erprobungen unter Berücksichtigung der Aspekte Tierverhalten, Tiergesundheit, Verbraucher- und Umweltschutz sei.

Hiermit wird suggeriert, dass es sich bei den Kleingruppen-Käfigen um ein geprüftes und tiergerechtes Haltungssystem handelt. Langjährige Forschungsarbeiten und Praxiserprobungen über die Kleingruppen-Käfige hat es bisher aber nicht gegeben. Deren Vorgaben sind erst mit Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung festgelegt worden, dabei hat man sich in erster Linie an den Vorgaben zu ausgestalteten Käfigen nach der EU-Richtlinie zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen aus dem Jahr 1999 orientiert und nur geringfügig mehr Platz vorgeschrieben: pro Henne die Fläche einer Spielkarte. Wissenschaftliche Untersuchungen zum ausgestalteten Käfig haben ergeben, dass Legehennen Verhaltensstörungen wie stereotypes Scheinsandbaden vor dem Futtertrog entwickeln. Diese Verhaltensstörung wird auf die tierwidrige Haltung zurückgeführt. Darüber hinaus wird die Gefahr, dass Verhaltensstörungen wie Federpicken und Kannibalismus entstehen, in diesen Käfigen als mittel bis sehr hoch eingeschätzt.

Da die meisten Legehennenhalter in Deutschland ihre Legehennen noch in herkömmlichen Käfigen halten, werden Praxiserprobungen im großen Stil erst dann durchgeführt, wenn die Legehennenhalter 2009 bzw. 2010 auf die Kleingruppen-Käfige umstellen.

Die Geflügelwirtschaft behauptet auch, die Kleingruppen-Käfige hätten habe Vorzüge gegenüber der herkömmlichen Käfighaltung und seien tiergerecht.

Zwar hat eine Henne in den Kleingruppen-Käfigen geringfügig mehr Fläche und Strukturen wie Sitzstangen, ein abgedunkelter Bereich zur Eiablage und eine Scharrmöglichkeit vorgesehen. Letztlich können aber die Hennen die Strukturen schon aufgrund des Platzmangels nicht ausreichend nutzen. So sollen die Legehennen beispielsweise auf einer Fläche von 90 Quadratzentimetern, die in einer dünnen Schicht mit Futtermehl oder Hobelspänen eingestreut ist, scharren und sandbaden. Zum Scharren benötigt eine einzige Henne jedoch bereits eine Fläche von 655 bis 1217 Quadratzentimetern. Bedenkt man zudem, dass Hennen ihre Verhaltensweisen häufig synchronisieren, wird deutlich, dass das Platzangebot bei weitem nicht ausreicht. Zum Sandbaden benötigt die Henne darüber hinaus Sand oder ähnliches. Von einer Menge, die es ihr ermöglicht, eine Kuhle zu bilden, sich darin zu wälzen und das Substrat über sich zu werfen. Erst wenn alle Bewegungsabläufe möglich sind, kann das Verhalten der Tiere befriedigt werden. Im andern Fall wiederholt sich das Verhalten an einer bestimmten Stelle stereotyp; die oben genannten Verhaltensstörungen entstehen. In den Kleingruppen-Käfigen leiden die Hennen im Grundsatz genauso wie im herkömmlichen Käfig. Darüber hinaus werden Sitzstangen, die für das Ruhen der Tiere vorgesehen sind, aufgrund der geringen Käfighöhe nur wenige Zentimeter über dem Käfigboden angebracht. Ruhende Hennen sind so nicht vor pickenden Hühnern geschützt. Zum Teil müssen die Sitzstangen auch von aktiven Hennen überquert werden, wenn die Hennen zum Beispiel zum Futtertrog wollen. Es werden dadurch ruhende Tiere erheblich gestört.

Das Bundesverfassungsgericht hat 1999 festgestellt, dass die Verhaltensweisen Scharren, Picken, ungestörte und geschützte Eiablage, Sandbaden und erhöhtes Sitzen auf Stangen Grundbedürfnisse der Hennen sind, die mit Blick auf das Tierschutzgesetz nicht eingeschränkt werden dürfen. Eine nach Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes geforderte verhaltensgerechte Unterbringung bedeutet, dass diese Bedürfnisse erfüllt sein müssen. Dies ist in Kleingruppen-Käfigen nicht der Fall.

Da die Tiere ihr Verhalten nicht ausleben können, werden – wie im herkömmlichen Käfig – Leiden im Sinne des Tierschutzgesetzes verursacht, die sich in Verhaltensstörungen wie Stereotypien oder Federpicken/Kannibalismus äußern. Darüber hinaus ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass auch im Kleingruppen-Käfig infolge des Bewegungsmangels Schäden wie Knochenschwäche, Fettleber und Gefiederschäden entstehen können.

Behauptet wird auch, dass die Kleingruppen-Käfige in voller Übereinstimmung mit dem im Grundgesetz verankerten Staatsziel Tierschutz stehe.

Mit dem Staatsziel Tierschutz ist insbesondere das Gebot verbunden, den Tierschutz weiter zu entwickeln. In einer Haltung in ausgestalteten Käfigen oder den Kleingruppen-Käfigen bleibt die Tierschutzsituation für die Legehennen jedoch im Grundsatz gleich schlecht. Insoweit steht die Haltung in Kleingruppen-Käfigen im Widerspruch zum Staatsziel Tierschutz.

Die Behauptung könnte auch so verstanden werden, dass die Kleingruppen-Käfige mit dem Staatsziel Tierschutz konform gingen, die Boden- und Freilandhaltung dagegen nicht. Da in Boden- und Freilandhaltung mit einem deutlich größeren Platzangebot, Einstreu, Tageslicht und zum Teil ein Auslauf dem Tierverhalten Rechnung getragen wird, wären solche Einlassungen absurd und damit jeder weitere Kommentar überflüssig.

Die Geflügelwirtschaft behauptet, die Kleingruppen-Käfige seien neben der ökologischen Erzeugung, der Boden- und Freilandhaltung die vierte Legehennenhaltungsform, deren Eier mit dem Begriff „Eier aus Kleingruppenhaltung“ gekennzeichnet werden.

Dies ist nur die halbe Wahrheit: Nach gültiger Eiervermarktungsnorm existieren folgende Kennzeichnungen: Eier aus ökologischer Erzeugung, Eier aus Freilandhaltung, Eier aus Bodenhaltung und Eier aus Käfighaltung. Die Eier aus Kleingruppen-Käfigen müssen – da es sich um eine Käfighaltung handelt - als Käfigeier gekennzeichnet werden und erhalten als Kennung auf dem Ei die Ziffer 3 für Käfighaltung. Selbst wenn die Eierindustrie eine zusätzliche Kennzeichnung fordert, um dem Verbraucher vorzutäuschen, dass es sich dabei nicht um eine Käfighaltung handelt, ist die Rechtslage bei der Kennzeichnung im Sinne des Verbraucherschutzes eindeutig. Die Bezeichnung „Kleingruppenhaltung“ ist lediglich als ergänzende Zusatzbezeichnung erlaubt.

Behauptet wird zudem, dem Verbraucher drohten höhere Preise.

Dass die Käfigeier billiger sind, ist auch für den Großteil der Verbraucher kein Argument, Tiere in tierquälerischen Käfigen unterzubringen. Denn: Es sind nur etwa vier Cent, die man für Eier aus Boden- oder Freilandhaltung mehr bezahlt, dafür aber eine tiergerechte Haltung unterstützt. Die Eierindustrie wäre gut beraten, sich weniger um den Absatzmarkt der Käfigeier zu sorgen, als sich zu bemühen, auf Boden- und Freilandhaltung umzustellen, damit die Nachfrage nach diesen Eiern in Deutschland bedient werden kann. Denn, Fakt ist, dass der Großteil der Boden- und Freilandeier, die in Deutschland benötigt werden, aus dem Ausland, vorwiegend den Niederlanden importiert werden muss. Deutsche Eiererzeuger müssen sich deshalb den Vorwurf gefallen lassen, dass sie nicht rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt haben.

Geäußert wird auch der Vorwurf, der Handel sei nicht ausreichend über die Vorzüge der Kleingruppen-Käfige informiert und bevormunde den Verbraucher.

Handelsunternehmen müssen über die Verbraucherwünsche ausreichend informiert sein und diese berücksichtigen, sonst können sie sich auf dem Markt nicht behaupten. Der Deutsche Tierschutzbund hat in Gesprächen mit großen Handelsunternehmen die Erfahrung gemacht, dass diese um ihre verantwortungsvolle Position wissen und sich gegenüber dem Verbraucher verpflichtet fühlen. Dabei müssen fast zwangsläufig Kriterien des Umwelt- und Tierschutzes mitberücksichtigt werden, da der Verbraucher sich zunehmend dafür interessiert, wie er selbst mit seinem Kaufverhalten zu mehr Umwelt- und Tierschutz beitragen kann.

Diejenigen Handelsketten, die Käfigeier auslisten oder dies vorhaben, tun dies nicht gegen, sondern gerade wegen des erklärten Verbraucherwunsches nach mehr Tierschutz in der Legehennenhaltung. Eine überwältigende Mehrheit der Verbraucher lehnt aus Tierschutzgründen die Käfighaltung ab. Meinungsforschungsumfragen belegen, dass bis zu 90 Prozent der Konsumenten gegen eine Käfighaltung von Legehennen sind. Der Vorwurf einer Bevormundung durch den Handel ist insoweit unbegründet und  zurückzuweisen.